Das Dörfchen Lischeid

Foto: Wolfgang Henkel

 

Das Dörfchen Lischeid war wohl bekannt
liegt in dem schönen Hessenland
und jedem der's noch nie gehört,
sei dieses Dorf zu sehen geehrt.

Denn in des Dorfes Mitte,
'ne Linde steht nach alter Sitte
darunter mancher Tanz begann
und mancher Tropfen Bier zerrann.

Ja, das ist es nicht nur allein,
'ne Kirche steht am nahen Rain
und diese ihren Eingang hegt,
zwei Lindenbäume wohl gepflegt.

Und nun so manches Bauernhaus,
sieht wundeschönen im Fachwerk aus,
das man erbaut vor vielen Jahren,
das heute Kindes Kinder waren.

Zwei Mühlen stehen an des Dorfes Enden,
die stets ihr Tagewerk vollenden
des Dorfes rechte Seite,
des Name Aueweide

zu dieser sich die Mühle nennt
und links der Hain liegt unentwegt
die Mühle diesen Namen trägt.
O Wanderer, kehre bei uns ein,
um dieses Dorfes Gast zu sein.

Foto: Wolfgang Henkel

 

 

Adelbert Bauermeister, Lischeid 1960

 

Die Glocke von Gerwigshain

Nordwestlich von Mengsberg lag einst das Dorf Gerwigshain, das dem Ritter von Gerwigshain zu Lehen gehörte. Es wurde bereits vor dem Dreißigjährigen Krieg in den Fehden zwischen Hessen und Mainz verwüstet. Die Grundmauern der Kirche von Gerwigshain und einzelne Kellergewölbe standen noch bis vor etwa fünfzig Jahren.

Als das Dorf zerstört wurde, versenkten die Bewohner ihre Kirchenglocke in die Gerwigshainer Quelle, den Glockenborn. Später wurde die "Silberglocke" nach Mengsberg gebracht und im Glockenstuhl der alten Kirche aufgehängt.

Ein heißer Händedruck

Vor langer Jahren fuhr im Spätherbst ein Lischeider Bauersmann Frucht nach Treysa. Er hatte sich dort langer aufgehalten und konnte deshalb erst in vorgerückter Stunde seinen Heimweg antreten.

Zwischen Mengsberg und Lischeid holte ihn ein nächtlicher Wanderer ein, der rief: "Nähmt mich met! Nähmt mich met!" Gleich hielt der Lischeider an und antwortete: "Komm, setz' dich henge of den Wä!" Das tat der Fremde dann auch. Der Bauer merkte aber, dass seine Pferde von diesem Augenblick an ungewöhnlich hart ziehen mussten. Das kam ihm unheimlich vor. Am "Kreuz" angekommen, da wo der "Butterweg" nach Speckswinkel führt und in entgegengesetzter Richtung der Weg nach Itzenhain abzweigt, hatte es der Fahrgast plötzlich eilig, sich zu verabschieden: "So, nun muss ich von Euch scheiden. Nehmt zum Dank die Hand!"

Der Fuhrmann streckte ihm aber anstatt seiner Rechten, den Peitschenstiel entgegen, den der Unbekannte auch ergriff, um dann in der Finsternis zu verschwinden. Wie erschrak aber unser Bauer, als er am anderen Morgen den Peitschenstiel näher betrachtete und feststellte, dass er angekohlt war ...
Joh. H. Schwalm, Hessenland Sept./Okt. 1936

Das Lied von der Dorflinde zu Lischeid


Schier tausend Jahre bist du alt, du traute, liebe Linde,
hast mancherlei gesehn, gehört -, umbraust von Sturm und Winde.
Du blicktest in der Zeiten Lauf -, sahst Menschen kommen, gehn.
Du hörtest viel der Freude Sang -, doch auch der Schmerzen Wehn.

Du sahst sie all, die Kindlein klein, die man zur Taufe trug.
Damit sie Christi Jünger sein - mit vollem Recht und Fug.
Du hörtest in dem Abendschein, wie Kinder dich umspielten;
Du sahst der Tänzer frohe Reihn, die sich umschlungen hielten.

Dann trugen sie die Kronen rein an dir vorbei am höchsten Tag,
und kämpften nun des Lebens Kampf in Freude wie in Schmach.
Du lauschtet auf den weisen Rat, den hier die Alten hielten;
Du hörtest ernsten Urteilsspruch von Männern, die das Recht hochhielten.

Bis endlich tönt der Glocke Klang im ernsten Grabgesang;
An dir vorbei sahst du sie ziehn so stumm, so schwer und bang.
Doch wusstest du jahraus, jahrein vom Welken und Vergehn,
und auch vom Frühlingssonnenschein, vom Ostern-Auferstehn.

So lebe du noch fort und fort bis in die fernsten Zeiten!
Wer dich bedroht mit Tod und Mord wird selber Spott erleiden.
Du alte, liebe Linde mein, ich grüße dich beim Abendrod,
Umrausch auch mir das Leben fein, bis Gott mich führt durch Nacht und Tod.